Erinnerungs-Bericht

anlässlich des 20. Jahrestages der Gründung des Gartenvereins Pastorenweg 1964 e.V.

Im Jahre 1959 legte die Stadt Helmstedt von der Ecke Bruchweg -Pastorenweg unter der Bahnlinie hindurch bis zu der Stelle, wo die Straße zum Tierheim abzweigt, eine Wasserleitung.

In diesem Flurbereich gab es seit eh und je entlang dem Pastorenweg nur Äcker, die von der Stadt Helmstedt an interessierte Bürger Parzellenweise als Gartenstücke verpachtet wurden. Ich selbst war schon seit über 20 Jahren Pächter eines solchen Gartenstückes.

Keiner von uns Pächtern war durch die Stadtverwaltung darüber informiert worden, wozu diese Wasserleitung gelegt wurde. Direkt anliegende Pächter haben sich schließlich eigenmächtig an diese Leitung angeschlossen und auch Wasser entnommen. Als die Stadtwerke nun von den Pächtern Wassergeld forderte, wurden wir Pächter bei den Stadtwerken vorstellig und erbaten Aufklärung. Man bedeutete uns, dass unsere Gärten nun an die verlegte Leitung angeschlossen würde und wir dann natürlich Wassergeld zahlen müssen. Das war uns bisher unbekannt.

Die Stadt Helmstedt erhöhte unseren Pachtzins um das Doppelte, worauf wir Pächter, die Ihre Interessen bislang jeder für sich gegenüber dem Verpächter wahrnahmen, uns unter meiner Leitung zu einer Interessengemeinschaft zusammenschlossen.

Ich bekam von der Stadt Helmstedt eine Einladung zu einer Besprechung. Für die Stadtverwaltung zeichnete der Stadtkämmerer Bornkampf verantwortlich, Besprechungspunkte sollten die Wasserleitung und die Gründung eines Gartenvereins sein.

Unter Hinzuziehung des Gartenfreundes Richard Schulz begab ich mich ins Rathaus. Wir setzten Herrn Bornkampf davon in Kenntnis, dass wir uns zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen hätten, wir uns die Vorstellungen der Stadt anhören wollten und uns dann mit den Pächtern besprechen wollten.

Die Verhandlungen gingen hin und her, die Pächter wurden inzwischen unruhig und verlangten den Wasseranschluss Es führte soweit, dass die von der Stadt Helmstedt verlegte Wasserleitung von den Pächtern eigenmächtig weiterverlegt wurde. Der Wasserverbrauch war hoch, niemand wollte bezahlen, auch wusste keiner, was er bezahlen sollte. Es war auch nicht festzustellen, in welchen Gärten sich überhaupt ein Wasseranschluss befand. Viel Ärger kam auf uns zu, denn die Stadtwerke verlangten von uns Pächtern Geld.

Wir Pächter lehnten einen weiteren Ausbau der Leitung ab mit der Begründung, dass die vorhandene 1-Zoll-Leitung für die Versorgung aller Gärten unzureichend wäre.

Da der Ärger und die Probleme nicht abrissen, setzten wir uns erneut mit der Stadtverwaltung ins Benehmen.

Diese Besprechung führte zu dem Ergebnis, das die unzureichende 1-Zoll-Leitung durch eine 2-Zoll-Leitung ersetzt werden soll, um die Wasserversorgung aller Gärten sicherzustellen. Man kam überein, dass die Stadtwerke die 2-Zoll-Rohre verlegt, die Erdarbeiten von den Pächtern der Interessengemeinschaft gratis ausgeführt würden und die Gesamtkosten im übrigen die Stadtkasse trägt.

So konnte im Jahre 1960 von uns Pächtern mit den Erdarbeiten begonnen und durch die Stadtwerke eine neue Leitung verlegt werden. Danach gingen wir Pächter daran, auf eigene Kosten Leitungen in unsere Gärten zu verlegen und auch Wasseruhren einzubauen.

Trotzdem gestaltete sich die Endabrechnung des Wasserverbrauchs und die Kostenverteilung auf die einzelnen Gärten sehr schwer, weil nicht alle Pächter im Besitz von Wasseruhren waren.

1962 hatten wir dann schließlich schon eine bessere Übersicht, doch gestaltete sich die Einkassierung nach wie vor schwierig. Wir beschlossen daher, unsere Mitglieder zu einer Versammlung in die Gaststätte „Pelull“ einzuladen. Diese fand am 29. April 1962 statt. Die Probleme wurden besprochen, zur Gründung eines Gartenvereins kam es jedoch nicht, zumal die von mir organisierte Wasserversorgung unserer Pachtgärten nun lief.

Der Hauptanstoß zur Gründung eines Gartenvereins kam, als im Jahre 1964 der von der Stadt Helmstedt mit dem Domänenrentamt abgeschlossene Pachtvertrag für unsere Ländereien ablief. Man stellte uns vor die Entscheidung, entweder einen Gartenverein zu gründen, mit dem das Domänenrentamt einen Pachtvertrag abschließen würde, oder die Gärten aufzugeben, weil sonst eine Gesamtverpachtung unseres Geländes an Landwirte erfolge. Die Stadt Helmstedt war nicht mehr bereit, einen Hauptpachtvertrag abzuschließen und einzelne Parzellen dann unterzuverpachten.

Wir waren nicht bereit, unsere Gärten, in die wir im Laufe vieler Jahre soviel Mühe und Fleiß und auch Geld gesteckt hatten, aufzugeben.

Ich berief – und das wissen noch alle, die dabei gewesen sind – auf den 09. Februar 1964 in Drossels Gaststätten in der Braunschweigischen Straße eine Versammlung ein, die allein das Ziel hatte, einen Gartenverein zu gründen. Nach Diskussion des Themas beschlossen alle versammelten 180 Pächter einstimmig, unseren Gartenverein Pastorenweg 1964 e.V. zu gründen.

Es wurde ein Vorstand gewählt mit meiner Person an der Spitze, auch die vorgelegten Statuten erfuhren die Billigung der Versammlung.

Der Druck der Verhältnisse war es, der uns zur Vereinsgründung führte, zur Gründung des jüngsten Helmstedter Gartenvereins mit 254 Mitgliedern, der sich von Jahr zu Jahr mehr festigte und heute nach 20 Jahren auf sichtbare Erfolge verweisen kann.

Ich erinnere an die Leistungen, die im Zusammenhang mit der Errichtung unseres ausgedehnten Wasserleitungsnetzes stehen, die Herrichtung des heute fast einheitlichen Zaunbestandes, den kolossalen Fortschritt in der Errichtung von Lauben und Baulichkeiten aller Art. Was war das noch vor 20 Jahren für ein Kunterbunt?

Für die Umzäunung unserer Gartenkolonie konnten wir von den BKB 1000 Stück Rohre zum Preise von 1,00 DM das Stück erwerben. Wir gaben sie zum gleichen Preise weiter an unsere Mitglieder.

Noch im Jahr unserer Vereinsgründung, also als wir noch mitten im Aufbau steckten, erhielt ich das Angebot der Stadt Helmstedt, uns auf eigene Kosten eine frühere Wohnbaracke auf der Nordstraße abzubauen, um uns ein Vereinshaus zu schaffe, Die Baracke war noch gut erhalten, eine bessere Gelegenheit, kostenlos an ein Vereinshaus zu kommen, würde sich ganz sicher nicht wieder bieten. Der Abriss der Baracke musste kurzfristig erfolgen, so dass keine Zeit blieb, hierüber die Mitglieder in einer Versammlung entscheiden zu lassen. Der Vorstand beriet und entschied positiv. Wir handelten damals ganz richtig; die nächste Jahreshauptversammlung bestätigte mit überwältigender Mehrheit den Vorstandsbeschluss.

Wir wussten damals allerdings noch nicht, was für Arbeit mit dem Erwerb der Baracke auf uns zukommen würde. Es galt nun, die Baracke fachgerecht abzubauen, zu lagern, einen Bauplatz ausfindig zu machen, Baupläne zu erstellen, Verhandlungen mit der Stadt und dem Bergbauamt Clausthal-Zellerfeld zu führen.

Es gab viele Laufereien und Plackereien: Gott sei Dank hatten wir die richtigen Mitarbeiter, deren unermüdlicher Einsatz ich lobend erwähnen möchte. Tatkräftig und unermüdlich stellten sie sich zur Verfügung, ohne Rücksicht auf die Stunden, deren es für jeden einzelnen viele wurden.

Am 27. Juni 1967 endlich war unser Vereinsheim fertig und konnte seiner Bestimmung übergeben werden. Wir alle waren voller stolz und voller Freude über unser gemeinsames Werk. Wir vollbrachten unsere Leistungen aus Idealismus, allen Mitarbeitern sei hierfür gedankt!

Als wir mit dem Vereinsheim fertig waren, wandten wir uns unserem Kinderspielplatz zu, der Einzäunung und Aufstellung von Geräten. Der Landkreis unterstützte uns dabei finanziell.

Trotz all dieser Vorhaben blieb unser Verein schuldenfrei.

Der Stadt Helmstedt, dem Landkreis Helmstedt, den BKB und auch der Brauerei Wolters und nicht zuletzt den vielen Vereinsmitgliedern, die mit Ihrer Hilfe oder mit Spenden dazu beitrugen, sei zu danken.

Nach 6-jähriger Aufbauarbeit – ungerechnet die Zeit vor 1964 – habe ich dann den Vorsitz in jüngere Hände gelegt.

Ich danke allen älteren Mitgliedern für ihre Aufopferungsbereite Aufbauarbeit, mögen ihre Leistungen Ansporn sein für alle jungen Vereinsmitglieder, unserem Gartenverein mit gleicher Hingabe und Tatkraft zu dienen und zu einer steten Aufwärtsentwicklung beizutragen.

 

 

Willi Höppner

Helmstedt, den 09.02.1984